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Leuchtturm oder selbst Patient? – Zur Lage der Mainzer Unimedizin

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Brandbrief an den Aufsichtsrat, enge Personaldecke und eine OP-Reinigungskraft als Operations-Assistenz – die Mainzer Unimedizin hat für Schlagzeilen gesorgt. Wie ist es um das größte Krankenhaus in Rheinland-Pfalz bestellt?

Die einen betrachten sie nach wie vor als Leuchtturm für Patientenversorgung, Forschung und Lehre. Die anderen vermuten sie auf dem absteigenden Ast und sorgen sich um die Universitätsmedizin Mainz. Nachdem das mit Abstand größte Krankenhaus in Rheinland-Pfalz zuletzt für reichlich Wirbel gesorgt hat, diskutierte nun der Landtag über die Situation des Hauses. Das nimmt auch deshalb eine zentrale Rolle in Rheinland-Pfalz ein, weil im Land nur hier ein Medizinstudium angeboten wird.

Während die Opposition die Unimedizin für unterfinanziert hält und das Land in der Pflicht sieht, verweisen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) und die Ampel-Fraktionen unter anderem auf ein Investitionsprogramm, das die Unimedizin, die letztlich auch Keimzelle des mittlerweile weltweit bekannten Impfstoffherstellers Biontech ist, zu einem Vorzeige-Supramaximalversorger machen soll.

Weniger vorzeigbar waren jüngst einige Schlagzeilen rund um die Unimedizin. Dafür, dass es an Fachkräften insbesondere in der Pflege fehlt, kann das Haus freilich nichts. Darunter leiden viele Kliniken. Erst im April teilte die Mainzer Unimedizin mit, die Personaldecke sei nicht ausreichend, es könne – sofern medizinisch vertretbar – bei planbaren Operationen und stationären Aufnahmen zu Wartezeiten kommen. Hinzu kamen Warnstreik-Tage, die den Betrieb erschwerten, Ende Mai wurde dann eine Tarifeinigung erzielt. Der kaufmännische Vorstand Christian Elsner sagte dazu Anfang Juni: „Mit diesem Tarifabschluss sind wir weiterhin im Wettbewerb um die besten Beschäftigten im Gesundheitswesen sehr gut aufgestellt.“

Und doch knarzt es intern gewaltig. Rund 40 Klinikdirektoren kritisierten in einem Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden und Gesundheitsstaatssekretär Denis Alt (SPD) eine «rigorose Sparpolitik» und forderten die Entlassung des kaufmännischen Vorstands. Die Landtagsopposition spricht von einem „Brandbrief“. Der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner sagte am Donnerstag, es sei unverständlich, warum der Vertrag des kaufmännischen Vorstands vorzeitig verlängert worden sei. Ihm, Schreiner, fehle jede Fantasie, wie die Einrichtungsleiter und der kaufmännische Vorstand jemals wieder vertrauensvoll zusammenarbeiten wollen.

Schreiner verwies auch auf einen kürzlich bekanntgewordenen Vorfall aus dem Jahr 2020, bei dem eine OP-Reinigungskraft bei einer Operation assistiert hatte. Dem Patienten, dem ein kleiner Zeh abgenommen wurde, entstand kein Schaden, die Unimedizin sprach in der Folge von einem individuellen Fehlverhalten und Versagen eines Fach- und Oberarztes, das Arbeitsverhältnis ist inzwischen aufgelöst.

Für Schreiner, der die Unimedizin zum Thema einer Aktuellen Debatte im Landtag gemacht hatte, wurde die Klinik in den vergangenen Jahren kaputtgespart. „Wir liegen doch beim Wettlauf um die führenden Köpfe bereits hinten.“ Auch der Abgeordnete Helge Schwab von den Freien Wählern konstatierte, die zur Verfügung stehenden Mittel reichten hinten und vorne nicht aus. Martin Louis Schmidt von der AfD verortete die Unimedizin auf der „finanziellen Notaufnahme“. Das Haus komme zudem nicht mehr aus den Negativschlagzeilen heraus.

Auch Minister Hoch hält strukturelle Veränderungen für nötig, wie er vor Kurzem betonte. Er sprach von einem „angespannten Klima“ und forderte eine Rückkehr zum sachlichen Alltag. Noch für 2023 kündigte er ein neues Universitätsmedizingesetz an. Geändert werden könnten etwa Regelungen zum Vorstand. Bisher ist für die Pflege kein zum Medizinischen, Wissenschaftlichen und Kaufmännischen Vorstand gleichberechtigtes Mitglied vorgesehen. Der Pflegevorstand ist als beratendes Mitglied Teil des Vorstandes. Dass dieser demnächst ein neues Aussehen bekommen wird, steht ohnehin fest. Die Nachfolgen für den medizinischen und den wissenschaftlichen Vorstand wurden kürzlich zum April 2024 ausgeschrieben.

Und was meint die Unimedizin zur Stimmungslage? Das Haus teilte auf Anfrage mit, dass es in der Patientenversorgung einen Spitzenplatz einnehme und ein international anerkannter Forschungsstandort sei. Das sei insbesondere den Mitarbeitern zu verdanken. „Solche Leistungen können nur mit leidenschaftlichem Engagement erbracht werden – und mit dieser Leidenschaft werden zuweilen eben auch Diskussionen intensiv geführt.“ Dabei könne es zu Spannungen kommen. Es sei nun wichtig, „aufrichtig miteinander zu kommunizieren und sich die gemeinsamen Ziele immer wieder bewusst zu machen“. 

Abseits von Personaldebatten und Stimmungslagen sagte Minister Hoch im Landtag, im Bereich der Krankenversorgung habe die Mainzer Unimedizin Probleme wie jede andere Klinik auch. Die Probleme seien hier größer, weil auch das Volumen der Krankenversorgung größer sei als anderswo. Das Defizit der Unimedizin – für 2021 lag der Fehlbetrag bei rund 39 Millionen Euro – resultiere auch daraus, dass eben nicht an medizinischen Leistungen gespart werde. 

Hoch und die Unimedizin versprechen sich Besserung durch die vom Bundesgesundheitsministerium angedachte Klinikreform hin etwa zu einer eigenen Versorgungsstufe für Universitätsmedizinen. Das werde den besonderen Aufgaben dieser Häuser, der Notfallversorgung, Behandlung von „Extremkostenfällen“, der Aufgabe der Weiterbildung von Ärzten und den enormen Vorhaltekosten gerecht, so die Unimedizin.

Ein von allen Seiten erkanntes Problem der Mainzer Unimedizin sind die räumlichen Begebenheiten, mit zahlreichen, kleineren, mitunter in die Jahre gekommenen Gebäuden. FDP-Fraktionschef Philipp Fernis verwies auf den über zwei Milliarden schweren Bau-Masterplan für das Klinikum, der bis 2038 vollendet sein soll. Es mangele nicht an Investitionsbereitschaft des Landes. Ähnlich klang das bei der wissenschaftspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Katrin Rehak-Nitsche. „Praktisch wird ja die ganze Unimedizin in den kommenden Jahren neu gebaut.“ Personaldiskussionen wie die um den Vorstand der Unimedizin gehörten indes nicht ins Plenum.
(Christian Schultz, dpa)

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