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Platin-Zytostatika im Tumor gezielt scharf schalten

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Dr. Johannes Karges von der Ruhr-Universität Bochum hat entdeckt, wie sich platinhaltige Chemotherapeutika nur im Tumorgewebe anreichern und erst dort aktivieren lassen. Für seine Forschung wird der 31-Jährige mit dem Paul Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis 2024 ausgezeichnet.

Als Trigger, um die Zytostatika scharf zu schalten, nutzt der Preisträger Licht oder Ultraschall. Präklinisch hat er den Nachweis dieser Verfahren bereits erbracht. Ihre Translation in die klinische Praxis könnte die gravierenden Nebenwirkungen dieser weltweit am häufigsten eingesetzten Krebsmedikamente drastisch verringern und ihre Wirksamkeit deutlich erhöhen, so die Hoffnung. Der Preis wird – zusammen mit dem Hauptpreis 2024 – am 14.03.2024 vom Vorsitzenden des Stiftungsrates der Paul-Ehrlich-Stiftung in der Frankfurter Paulskirche verliehen.

Chemotherapeutika mit schweren Nebenwirkungen

Rund die Hälfte aller Chemotherapien weltweit wird mit Cisplatin und zweien seiner Abkömmlinge vorgenommen, etwa bei Blasen- oder Hodenkrebs. Es handelt sich um Zytostatika, die Krebszellen daran hindern, sich zu teilen. Allerdings rufen sie schnell Resistenzen hervor. Weil die Platinpräparate auch die Teilung gesunder Körperzellen hemmen, sind sie mit schweren Nebenwirkungen verbunden, die von Übelkeit und Erbrechen über Nieren-, Gehör- und Nervenschädigungen bis hin zur Hemmung der Blutbildung im Knochenmark reichen. Seit Langem suchen Forscher deshalb nach einer Möglichkeit, diese Zytostatika nur in den Krebszellen wirken zu lassen, die sie vernichten sollen. Dann wären sie im Sinne von Paul Ehrlich Zauberkugeln ähnlich, die ausschließlich die Krankheit kurieren, ohne dem Rest des Körpers zu schaden. Die Forschung von Johannes Karges und seinem Team hätten diese Vision wiederbelebt, heißt es in einer Mitteilung der Ruhr-Universität Bochum zur Preisvergabe.

Die beiden Ausgangsfragen dieser Forschung waren: Wie können wir das Zytostatikum oder eine Vorstufe davon selektiv im Tumor anreichern? Wie können wir es dort selektiv aktivieren? Die Antwort besteht in der Konstruktion von Nanopartikeln, die zu groß sind, um gesundes Gewebe zu durchdringen, aber klein genug, um sich zwischen Krebszellen zu drängen. Gesunde Zellen sind nämlich eng miteinander verfugt, während der Zusammenhang von Tumorgewebe der hohen Teilungsgeschwindigkeit seiner Zellen wegen lückenhaft ist. Die Nanopartikel sind mit eingebauten Empfängern versehen, die durch externe Signale aktiviert werden. Als Empfänger eignen sich Photo- oder Sonosensibilisatoren. Das sind Moleküle, die über die Eigenschaft verfügen, die Energie von aufgenommenem Licht oder Schall in Redoxreaktionen umzusetzen.

Licht- und schallempfindliche beladene Nanopartikel am richtigen Ort

Zusammen mit seinem chinesischen Forschungspartner Prof. Haihua Xiao hat Karges bisher mit Erfolg zwei Gemische erprobt, die durch diese Zünder in den Krebszellen zur Explosion gebracht werden können. Im ersten Fall koppelte er den Wirkstoff Oxaliplatin an einen Photosensibilisator und band beide Moleküle in ein fettlösliches Polymer ein. Die Enden dieses Polymers versah er mit wasserlöslichen Peptiden, die als Adressetiketten für den Transport in den Zellkern fungierten. In Selbstorganisation lagerten sich die so entstandenen Ketten zu Kügelchen von 80 Nanometer Durchmesser zusammen. Wenn diese Kügelchen den Kern der Krebszelle erreicht hatten, geschah nichts, solange Dunkelheit herrschte. Aber in dem Moment, in dem sie mit rotem Licht bestrahlt wurden, zerfielen sie und setzten Oxaliplatin und hochaggressiven Sauerstoff frei, was die Krebszellen zerstörte.

Rotes Licht dringt allerdings nicht tiefer als einen Zentimeter in einen Organismus ein. Die meisten Tumoren des Menschen könnte es nicht erreichen. Ultraschallwellen legen im Körper die zehnfache Strecke zurück. Im zweiten Fall berechnete Karges deshalb am Computer, welche Sonosensibilisatoren eine ungiftige Vorstufe (Prodrug) von Cisplatin durch Bestrahlung mit Ultraschallwellen in den giftigen Wirkstoff umwandeln könnten. Er fand heraus, dass Hämoglobin sich dafür am besten eignet, und packte das Biomolekül mit der Prodrug auf die bewährte Weise in Nanopartikel zusammen. Wieder reicherten sich die Partikel selektiv in Krebszellen an. Während sie unter physiologischen Bedingungen stabil blieben, wurde die Prodrug dort nach Beschallung in Gegenwart von Ascorbinsäure innerhalb von wenigen Minuten vollständig in Cisplatin umgewandelt.

Ihre in Zellkulturen gewonnenen Erkenntnisse konnten Karges und Xiao in Versuchen mit Mäusen eindrucksvoll bestätigen. In beiden beschriebenen Fällen verschwanden die Tumore der Tiere, denen die Nanopartikel injiziert worden waren, nach externer Bestrahlung mit Rotlicht oder mit Ultraschall innerhalb kurzer Zeit fast vollständig.

Zur Person

Karges studierte von 2011 bis 2016 Chemie an der Philipps-Universität in Marburg und am Imperial College in London. Als Doktorand forschte er auf dem Gebiet der Bioanorganik an der École Nationale Supérieure de Chimie de Paris und an der Sun Yat-Sen-Universität in Guangzhou in China. Nach seiner Promotion arbeitete er von 2020 bis 2022 als Postdoktorand an der University of California, San Diego, in La Jolla. Seit November 2022 leitet er als Liebig Fellow des Fonds der Chemischen Industrie seine eigene Forschungsgruppe an der Ruhr-Universität Bochum.

Der Preis

Der 2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Nachwuchspreis wird von der Paul-Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an einen in Deutschland tätigen Nachwuchswissenschaftler für herausragende Leistungen in der biomedizinischen Forschung verliehen. Das Preisgeld von 60.000 Euro muss forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer und leitende Wissenschaftler an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen Auswahlkommission.

(Ruhr-Universität Bochum / ms)

Ruhr-Universität Bochum, 23.01.2024

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