Medizin Allgemein

Digitalstrategie für das Gesundheitswesen stößt auf Kritik

Hier findest du Nahrungsergänzungsmittel, um fit zu bleiben oder dich schneller zu erholen. Für PraxisKnochen-Leser zum Vorteilspreis. Nur hier!
#Anzeige

Zur Digitalstrategie für das Gesundheitswesen von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach kommt Kritik: Vor allem für die bei der elektronischen Patientenakte (ePA) angestrebten Opt-out-Lösung und die Verstaatlichung der Gematik.

Herzstück von Lauterbachs am 9. März vorstellten Digitalstrategie für das Gesundheitswesen ist die ePA, die bis 2024 für alle Versicherten zur Regel werden soll. Wer nicht widerspricht (Opt-out-Regelung), der bekommt die ePA. Geplant sind auch ein verbesserter Zugang zu pseudonymisierten Patientendaten für die Forschung und vollständige Übernahme der Gematik durch den Staat. Auf wenig Gegenliebe bei verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens stößt insbesondere Letzteres. Außerdem lösen die Opt-out-Regelung für die ePA und mögliche Datenschutzprobleme Bedenken aus. Die politische Opposition sieht Lauterbachs Pläne sowieso kritisch.

Vollständige Verstaatlichung der Gematik „absurd“

So findet Erwin Rüddel (CDU) die geplante Digitalisierungsstrategie „nicht sonderlich ambitioniert“. Er bemängelt, dass moderne Techniken wie etwa Künstliche Intelligenz nicht mit einbezogen werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, kritisiert die vollständige Verstaatlichung der Gematik als „endgültigen Bruch mit den bisherigen Gesellschaftern, den Medizinern und den Krankenkassen“. Ausgerechnet die Anwender blieben so außen vor.

Auch der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, findet das „absurd“. Schon bisher habe das Bundesgesundheitsministerium alle Entscheidungen der Gematik getroffen, weil es die Mehrheit der Gesellschafteranteile hält. „Geholfen hat das wenig, weil man nicht ausreichend auf die Praktiker der Versorgung gehört hat. Nun möchte man diese Stimmen offenbar ganz ausblenden“, befürchtet Reinhardt. Damit drohe sich das bestehende Problem bei der Qualität der Entwicklung und Testung der digitalen Anwendungen und deren Umsetzung durch entsprechende Software zu verschärfen.

Der BÄK-Präsident betont, dass die Ärzteschaft inhaltlich hinter der Digitalisierung im Gesundheitswesen steht. „Sie wird aber nur dann Erfolg haben, wenn die Digitalisierung sowohl Patienten als auch Ärzten spürbar nutzt. Am Beispiel der elektronischen Patientenakte heißt das: Sie muss sowohl die Sicherheit der Patientendaten gewährleisten als auch eine praktikable Befüllung und einen einfachen Zugriff auf die in der Akte abgelegten Daten sicherstellen“, ist sich Reinhardt sicher. Auch dass valide Daten für Versorgungs- und Forschungszwecke abrufbar werden, hält er für sinnvoll. Allerdings fehle auch hier der Digitalstrategie eine Umsetzungsstrategie mit konkreten Vorschlägen für die Opt-Out-Regelung. Vertrauen auf Seiten der Patientinnen und Patienten setzte Transparenz und eine praktikable Möglichkeit zum Widerspruch, etwa gegen die Nutzung durch die Industrie, voraus.

KBV hält Einführung der ePA 2024 für unrealistisch

Die KBV-Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner räumten zwar ein, dass es Gründe dafür geben könne, jeden Versicherten mit einer ePA auszustatten, falls dieser dem nicht aktiv widerspricht. Das derzeitige Vorgehen von Politik und Gematik erinnere jedoch fatal an die Fehler der vergangenen Jahre bei der Digitalisierung, in denen Anwendungen teilweise unausgereift als verbindlich erklärt wurden. Gassen, Hofmeister und Steiner waren davor, dass die ePA zu wichtig sei, „um überhastet angestoßen zu werden“. Die verpflichtende Einführung ab 1. Juli 2024 halten sie für „erkennbar unrealistisch“. Es müsse unbedingt vermieden werden, die ePA unausgereift durchzusetzen und so die Akzeptanz bei der Ärzteschaft sowie Patientinnen und Patienten nachhaltig zu beschädigen. Die KBV-Vorstände betonen: „Die Opt-out-ePA muss für Patientinnen und Patienten leicht nutzbar sein und die Arbeit in den Praxen erleichtern. Nur dann wird sie ein Erfolg.“

Nimmt man die Haltung der Deutschen Stiftung Patientenschutz zum Maßstab, ist von Akzeptanz bei den Patientinnen und Patienten nicht viel zu merken. Für den Vorsitzenden der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, die Opt-out-Lösung bei der ePA „ein sehr schlechter Weg“, wie er im Interview mit dem Fernsehsender Phoenix sagte. Der Patient sei Besitzer der Daten und müsse deshalb selbst entscheiden können, wem diese Daten zugänglich gemacht würden. „Der Umgang mit den Daten muss differenziert sein,“ forderte Brysch und für ältere Menschen, die kein Smartphone oder Internet hätten, müsse es einmal im Jahr Papierausdrucke der Akte geben. Der Patientenschützer beklagte außerdem, dass die Einführung der ePA schon zu lange dauere.

Zustimmung zur Opt-out-Lösung von Kassen und Krankenhausgesellschaft

Aber das Bundesgesundheitsministerium und sein Minister wollen mit der jetzt vorgelegten Strategie mehr Tempo machen, was der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) grundsätzlich unterstützt. Es sei richtig, die Prozesse zu beschleunigten, erklärte Dr. Jörg Meyers-Middendorf, Abwesenheitsvertreter der vdek-Vorstandsvorsitzenden. Das gelte insbesondere für die ePA. Das geplante Opt-out-Verfahren sei „notwendige Voraussetzung, dass sich die ePA flächendeckend im Gesundheitswesen etablieren kann und genutzt wird.“

Auch das E-Rezept als verbindlicher Standard ab 2024 findet der vdek richtig, die Verstaatlichung der Gematik hingegen kritisiert der Verband. Meyers-Middendorf betonte: „Der Staat bestimmt und die GKV soll zahlen – so geht das nicht. Eine Digitalagentur muss von der gemeinsamen Selbstverwaltung getragen werden, damit die Interessen der Versicherten, Leistungserbringer und Beitragszahler adäquat vertreten werden.“ Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes hält die Digitalisierung für den Generalschlüssel zu mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Gesundheitsversorgung und der „Zentralschalter zur Beschleunigung“ heiße Opt-out.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat nichts gegen die Opt-out-Lösung einzuwenden. Sie könne dazu beitragen, die Vorteile digital verfügbarer Dienste für die Versorgung greifbar zu machen, erklärte der Vorstandsvorsitzende der DKG Dr. Gerald Gaß. Er pochte aber auch darauf die Belange des Daten- und Patientenschutzes zu berücksichtigen. Voraussetzung für die geplante Regelung sei, dass die Versicherten umfassend über ihre Rechte und den Nutzen der Opt-uut-ePA und der Gesundheitsdatennutzung informiert würden, so Gaß weiter.

Die DKG forderte, die finanziellen Grundlagen zu schaffen, um die in der Digitalisierungsstrategie genannten Ziele umzusetzen. Gerade die Umsetzung der ePA verursache in den Krankenhäusern, bezogen auf Interoperabilität und Sicherheit der Daten, enormen Aufwand. „Die Mär, dass man mit Digitalisierung Geld sparen kann, ist angesichts des Fachkräftemangels und der mit dem KHZG enorm gestiegenen Kosten für digitale Lösungen im Krankenhaus schon heute widerlegt“, so Gaß.

Die Betriebskostenfinanzierung digitaler Lösungen ist laut DKG nach wie vor ungelöst, gleichzeitig drohten noch immer Sanktionen, wenn bis Ende kommenden Jahres nicht alle gesetzlich geforderten Lösungen umgesetzt sind. „Die Krankenhäuser in Deutschland blicken gespannt auf die Frage, wie die Umsetzung dieser Digitalisierungsbeschleunigung finanziell sichergestellt wird“, erklärte der Verband in einer Mitteilung. (ja)

AOK-Bundesverband, BÄK, CDU/CSU-Bundestagsfraktion, DKG, Deutsche Stiftung Patientenschutz, KBV, vdek

Medizinische Geräte und Verbandsmaterialien findest du hier zum Vorzugspreis.
#Anzeige

Source link