Symptome und Behandlungsmethoden

Spinale Muskelatrophie (SMA) – _

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Behandlung der spinalen Muskelatrophien

Die Behandlung einer spinalen Muskelatrophie ist komplex. Lange Zeit war eine ursächliche Therapie bei keiner SMA-Form möglich. Dank der Fortschritte in der medizinischen Forschung gibt es jedoch neue Behandlungsmöglichkeiten, um Betroffenen mit proximalen SMA (SMN-Gendefekt auf Chromosom 5) grundlegend zu helfen.

Im Übrigen konzentrieren sich Ärzte darauf, die Beschwerden zu lindern und Betroffene bestmöglich zu unterstützen (z.B. Physiotherapie, Atemtherapie, Psychotherapie, ggf. OP).

Medikamentöse Therapie

Die neuen Behandlungsansätze für Patienten, bei denen die SMA auf einem bekannten SMN-Gendefekt beruht, greifen direkt in das Erbgut selbst oder in die nachgelagerte Verarbeitung der Erbinformation ein.

Ziel ist es, den Körper der Patienten in die Lage zu versetzen, selbstständig das für die Motoneuronen entscheidende SMN-Eiweiß in ausreichender Menge herzustellen.

Bei der spinalen Muskelatrophie stehen folgende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Splicing-Modulatoren (Nusinersen, Risdiplam): Diese Medikamente greifen direkt in die Weiterverarbeitung von Boten-RNA-Molekülen ein. Sie stärken dabei jene Prozesse, die eine höhere Menge an SMN-Eiweiß aus dem intakten SMN2-Gen liefern.
  • Genersatztherapie (Onasemnogene Abeparvovec): Diese Therapie greift direkt in das menschliche Erbgut ein. Die fehlerhafte Kopie des SMN1-Gens wird durch ein von außen zugeführtes, funktionsfähiges Genkonstrukt in den betroffenen Zellen ersetzt.

Splicing-Modulatoren

Bei einem SMN1-Gendefekt kann das SMN-Protein vom Körper ersatzweise auch aus dem verwandten SMN2-Gen gebildet werden. Das Ersatzgen SMN2 „springt zwar ein“, allerdings reicht das nicht aus. Der Grund: Die Eiweiße von SMN2 sind für gewöhnlich zu kurz und werden rasch abgebaut.

Das liegt an der Verarbeitung der entsprechenden SMN2-Boten-RNA (SMN2-mRNA). Sie übermittelt die Bauinformationen aus dem Erbgut (DNA) an die Eiweißproduktionsstätten (Ribosomen).

Dazu wird das SMN2-Gen im Erbgut zunächst abgelesen. Es entsteht eine vorläufige SMN2-Boten-RNA. Sie muss unter anderem durch das sogenannte Spleißen noch weiter verarbeitet werden. Erst dann entsteht die reife Boten-RNA. Spezielle Zellkomplexe, die Ribosomen, lesen die reife Boten-RNA schließlich ab und stellen so SMN2-Eiweiß her. Und eben dieses ist verkürzt und instabil, wird schnell abgebaut und kann so nicht die Funktion von SMN1 übernehmen.

Um das zu ändern, beeinflussen die Wirkstoffe Nusinersen und Risdiplam die Weiterverarbeitung der vorläufigen Boten-RNA. Dadurch erhöhen diese sogenannten Splicing-Modulatoren letztlich die Menge an brauchbaren SMN-Proteinen – und können so eine ausreichende Versorgung sichern.

Nusinersen

Beim Medikament Nusinersen handelt es sich um ein sogenanntes „Antisense-Oligonucleotid“ (ASO). Es wurde 2017 von der Europäischen Arzneimittelagentur zugelassen. ASO sind künstlich hergestellte und speziell angepasste RNA-Moleküle. Sie binden zielgerichtet und passgenau an die SMN2-Boten-RNA. Damit verhindern sie deren falsche Weiterverarbeitung in der menschlichen Zelle.

Konkret: Nusinersen unterbindet, dass eine wichtige Information (Exon 7) aus der SMN2-Boten-RNA fälschlicherweise herausgeschnitten wird. Der Verbleib von Exon 7 führt dazu, dass der Körper anschließend mehr funktionsfähiges SMN-Protein herstellt.

Nusinersen wird durch eine sogenannte Lumbalpunktion verabreicht. Das heißt das Medikament wird mit einer Spritze in den Rückenmarkskanal gespritzt. Diese Therapie wiederholt sich in regelmäßigen Abständen von einigen Monaten. Im ersten Behandlungsjahr erhalten Betroffene sechs, anschließend jährlich drei Gaben.

Patienten vertragen das Medikament in der Regel gut. Nusinersen führt zu günstigeren Krankheitsverläufen. Studien zeigten, dass sich bei vielen Patienten die Beweglichkeit verbessert: Freies Sitzen und selbstständiges Drehen des Körpers war in vielen Fällen möglich. Nebenwirkungen und Komplikationen beruhen unter anderem auf der Lumbalpunktion (bspw. Kopfschmerzen, Infektionen der Hirnhäute).

Risdiplam

Die Europäische Arzneimittelbehörde hat Risdiplam im März 2021 als drittes Medikament gegen 5q-assoziierte SMA (Typ 1-3 oder ein bis vier SMN2-Genkopien) zugelassen. Risdiplam wird täglich als aufgelöstes Pulver über den Mund oder eine Ernährungssonde eingenommen. Die genaue Dosis berechnet sich nach dem Alter und Körpergewicht.

Anders als Nusinersen ist Risdiplam kein “Antisense-Oligonucleotid”, sondern ein kleines Molekül (small molecule). Dieses Molekül bindet an der Boten-RNA für SMN2-Eiweiße und stabilisiert sie auf diese Weise. Infolgedessen entstehen mehr funktionsfähige SMN-Proteine. Dadurch kann der Verlust von Nervenzellen abgebremst und die motorische Funktion aufrechterhalten werden. Kraft und Muskelfunktion verbessern sich.

Laut Studien verbessert Risdiplam bei Säuglingen die Überlebenschance und die Wahrscheinlichkeit, dass sie wichtige Entwicklungsschritte erreichen. So konnten 12 von 41 Säuglingen, die ein Jahr mit dem Wirkstoff behandelt wurden, mindestens fünf Sekunden lang ohne Unterstützung sitzen. Ohne Behandlung war das nicht möglich. Bei Patienten von zwei bis 25 Jahren, die mit Risdiplam behandelt wurden, besserten sich insgesamt die motorischen Fähigkeiten.

Häufige Nebenwirkungen von Risdiplam sind Magen-Darm-Beschwerden, Hautausschlag, Fieber und Harnwegsinfektionen.

Genersatztherapie

Ein weiterer Ansatz zur Behandlung der proximalen spinalen Muskelatrophie setzt auf die sogenannte Genersatztherapie. Das defekte SMN1-Gen – der Ausgangspunkt der fortschreitenden SMA – wird durch eine neue funktionsfähige Genkopie „ersetzt“.

Der auf diesem Prinzip funktionierende Wirkstoff Onasemnogene Abeparvovec (AVXS-101) erhielt im Mai 2020 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine Zulassung für die Behandlung von Kleinkindern und Kindern.

Das Medikament kann gemäß EMA-Angaben für SMA Typ 1 eingesetzt werden. Bei allen anderen SMA-Krankheitsformen entscheiden Erbguteigenschaften (Anzahl an SMN2-Kopien), ob eine Genersatztherapie in Frage kommt.

Mit Onasemnogene Abeparvovec wird eine funktionstüchtige Kopie des menschlichen SMN1-Gens in die betroffenen Zellen des Rückenmarks und des Hirnstamms eingeschleust. Dies bewerkstelligen bestimmte Viren, die als „Fähre“ für das neue Genmaterial dienen – sogenannte Adeno-assoziierte virale Vektoren (AAV-Vektoren).

Die Vektor-Genkonstrukte werden einmalig als Infusion über die Vene in den Blutstrom gegeben und verteilen sich von dort im Körper. Durch eine noch nicht voll ausgebildete Blut-Hirn-Schranke bei Kleinkindern, können diese Vektoren auch in das Rückenmarksgewebe gelangen.

Durch bevorzugte Bindung dieser Vektoren an spezielle Oberflächenstrukturen der Motoneuronen, nehmen diese bevorzugt das Genmaterial auf, um anschließend das SMN-Protein selbstständig zu produzieren.

Durch eine Behandlung können sich die motorischen Funktionen verbessern und anhaltende Entwicklungserfolge einstellen (bspw. ohne Unterstützung sitzen, krabbeln und gehen).

Dem gegenüber stehen unerwünschte Nebenwirkungen: Die Leberwerte können zum Teil deutlich steigen. Auch schwere Leberschäden bis hin zum Leberversagen sind möglich – vereinzelt mit tödlichem Verlauf. Im Blut sinkt häufig die Zahl der Blutplättchen. Zudem treten gehäuft Fieber und Erbrechen auf. Um die Nebenwirkungen zu verringern, erhalten Patienten für einige Wochen Kortikosteroide (“Kortison”).

Eine altersgerechte motorische Entwicklung ist generell nur möglich, wenn die Gentherapie vor den ersten Symptomen begonnen wurde. Die Behandlung erfolgt in spezialisierten neuromuskulären Behandlungszentren.

Physiotherapie

Die Physiotherapie stellt weiterhin eine wichtige Säule der Behandlung der SMA dar. Nicht jede Form der SMA kann durch die neuartigen Behandlungsansätze behandelt werden. Eine regelmäßige Bewegungstherapie soll körperliche Fähigkeiten erhalten und den Muskelabbau verlangsamen.

Bereits gelähmte Körperpartien bewegt der Physiotherapeut passiv durch. Aktive Bewegungsabläufe wiederum werden trainiert, um die Beweglichkeit und Kraft der Muskulatur zu unterstützen. Zusätzlich können Massage- oder Wärme- und Kältebehandlungen helfen. Diese dienen ebenfalls der Entspannung und bremsen unter Umständen weitere Degenerationen.

Je nach Bedarf erhalten Betroffene weitere Hilfsmittel. Dazu gehören etwa Hartschalen-Orthesen, die die Gelenkbeweglichkeit unterstützen und stabilisieren. Oder Stützkorsette, um eine gewisse Rumpfstabilität zu gewährleisten.

Logopädie

In manchen Fällen betrifft die SMA die Sprech- und Schluckmuskulatur. Dann hilft eine logopädische Beübung. Sie fördert bei Kindern das Sprechenlernen. Auch bei älteren Patienten kann dadurch eine Verschlechterung der Sprache meist verlangsamt werden. Logopäden trainieren zudem das korrekte Schlucken.

Sowohl Physiotherapeuten als auch Logopäden unterstützen Betroffene durch gezielte Atemtherapie.

Impfungen

Da eine SMA meist die Atmung beeinträchtigt, sollten Betroffene ihre Atemwege bestmöglich schützen. Ärzte achten bei Betroffenen auf einen regelmäßig aufgefrischten Impfschutz, insbesondere gegen Pneumokokken, Keuchhusten (Pertussis) sowie Grippe (Influenza).

Darüber hinaus kann in den ersten beiden Lebensjahren eine vorbeugende Behandlung mit Palivizumab gegen das RS-Virus (respiratory syncytial virus) sinnvoll sein.

Schmerzlindernde Behandlung

Insbesondere in weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien spielt die Schmerztherapie eine wichtige Rolle. Dabei setzen Ärzte schmerzlindernde Medikamente ein, um den Leidensdruck Betroffener zu mindern.

Operation

Da die Spinale Muskelatrophie zu einer starken Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) führen kann, ziehen Ärzte in manchen Fällen eine Operation in Betracht. Dabei versteifen sie die Wirbelsäule gezielt.

Dadurch erhalten Betroffene eine (gewisse) zusätzliche Rumpfstabilität, die nicht nur eine aufrechtere Körperhaltung ermöglicht, sondern auch Knochen und Gelenke schützt. Ein operativer Wirbelsäuleneingriff kann auch gegen fortschreitende Atemprobleme helfen.

Psychotherapeutische Betreuung

Neuromuskuläre Krankheiten wie die spinale Muskelatrophie stellen große psychische Belastungen dar. Patienten und Angehörige verarbeiten in psychotherapeutisch geleiteten Einzel- und Gruppensitzungen die Diagnose und entwickeln Strategien, um besser mit der Erkrankung umgehen zu können.

Wichtige Hilfestellungen bieten auch Selbsthilfegruppen und Patientenvertretungen an. Sie informieren, beraten und unterstützen Betroffene und ihre Verwandten, die Herausforderungen einer SMA-Erkrankung zu bewältigen.

Palliative Therapie

Ist die SMA sehr weit fortgeschritten, ist eine palliative Beratung ratsam. Eine Palliativversorgung begleitet Betroffene umfassend in der letzten Lebensphase. Ziel ist es dabei, die Lebensqualität bestmöglich zu erhalten, die körperlichen und psychischen Leiden zu lindern sowie soziale Belastungen der Erkrankung zu minimieren.

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