Medizin News

Ungünstige Lebensumstände in der Kindheit erhöhen offenbar das Risiko für Typ-2-Diabetes im jungen Erwachsenenalter

Hier findest du Nahrungsergänzungsmittel, um fit zu bleiben oder dich schneller zu erholen. Für PraxisKnochen-Leser zum Vorteilspreis. Nur hier!
#Anzeige

Wie eine neue Studie von Forschenden aus Dänemark zeigt, haben offenbar Personen, die in der Kindheit mit widrigen Lebensumständen – sozioökonomisch wie emotional – zu kämpfen hatten, später im frühen Erwachsenenalter ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes.

Ziel der Arbeit von Assistenzprofessorin Leonie K. Elsenburg und Kollegen von der Sektion Epidemiologie der Abteilung für öffentliche Gesundheit an der Universität Kopenhagen (Dänemark) war es festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen ungünstigen Lebensumständen in der Kindheit und der Entwicklung von Typ-2-Diabetes im Alter zwischen 16 und 38 Jahren gibt.

Die weltweite Prävalenz von Typ-2-Diabetes unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat in den vergangenen hundert Jahren erheblich zugenommen, hauptsächlich aufgrund von Veränderungen im Lebensstil und der Adipositasrate. Dies ist besonders deshalb besorgniserregend, da ein früher Ausbruch der Krankheit (vor dem 40. Lebensjahr) eine aggressivere Pathologie mit sich zu bringen scheint und die betroffenen Personen im erwerbsfähigen Alter sind, eine lebenslange Therapie brauchen und einem erhöhten Risiko für Komplikationen ausgesetzt sind. Die Gesamtheit dieser Faktoren macht es für die öffentliche Gesundheit so wichtig, Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes zu identifizieren.

Unter widrigen Lebensumständen fassen die Autoren der aktuellen Studie Erfahrungen wie Misshandlung, körperliche oder psychische Erkrankungen in der Familie und Armut zusammen – diese seien sogar bei jungen Erwachsenen mit der Entwicklung eines Diabetes in Verbindung gebracht worden. Unerwünschte Ereignisse und Umstände könnten physiologische Stressreaktionen auslösen und das Verhalten des Nervensystems, der Hormone und der körpereigenen Immunantwort beeinflussen. Sie beeinträchtigten auch das geistige Wohlbefinden und könnten zu Verhaltensveränderungen führen, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken, wie zum Beispiel schlechter Schlaf, Tabakkonsum, weniger körperliche Aktivität, erhöhter Alkoholkonsum und ungesunde Ernährung. All dies trage zur Entstehung von Adipositas und einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei.

Zwar sei in älteren Studien ein Zusammenhang zwischen Misshandlungen in der Kindheit und der Entwicklung von Typ-2-Diabetes im jungen Erwachsenenalter erkannt worden, schreiben die Verfasser der aktuellen Arbeit – Evidenz für eine Assoziation des Typ-2-Diabetes-Risikos mit anderen Arten ungünstiger Lebensumstände gebe es aber kaum und geschlechtsspezifische Schätzungen fehlten bisher ganz. Die Autoren stellen außerdem fest: „In diesem Forschungsbereich besteht ein Bedarf an methodischen Verbesserungen, einschließlich eines Bedarfes an prospektiven Studien, die objektive und umfassendere Maße für widrigen Lebensumstände in der Kindheit verwenden.“

Analyse von Daten zu mehr als 1,2 Millionen Dänen

Die Forscher griffen für ihre Analyse auf Daten der Studie DANLIFE (Danish Life Course Cohort Study) zurück: Diese umfassen die Lebenshintergründe und ungünstige Lebensumstände von Kindern, die seit dem 1. Januar 1980 in Dänemark geboren wurden. Um eine Nachbeobachtung ab dem 16. Lebensjahr zu ermöglichen, wurde die Studienstichprobe auf Personen beschränkt, die vor dem 31. Dezember 2001 zur Welt gekommen waren. Personen, bei denen im Kindesalter Diabetes diagnostiziert worden war, schloss man ebenso aus wie solche mit unzureichenden Daten zu Co-Faktoren und Personen, die inzwischen aus Dänemark ausgewandert oder vor dem 16. Lebensjahr verstorben waren.

Diese Studienpopulation wurde auf der Grundlage ihrer jährlich ermittelten Exposition (im Alter von 0–15 Jahren) gegenüber ungünstigen Umständen in drei Bereichen in fünf Gruppen eingeteilt. Bei den untersuchten Bereichen, zu denen Daten erhoben wurden, gehörten: materielle Armut (Armut in der Familie und Langzeitarbeitslosigkeit der Eltern), Verlust oder drohender Verlust (somatische Erkrankung oder Tod der Eltern oder eines Geschwisterkindes) und Familiendynamik (Unterbringung in einer Pflegefamilie, psychische Erkrankung der Eltern oder eines Geschwisterkindes, Alkohol- oder Drogenmissbrauch der Eltern und Trennung des Kindes von der Mutter). Die fünf Gruppen, in die die Kinder eingeteilt wurden, zeichneten sich aus durch:  ein relativ geringes Ausmaß widriger Umstände in der Kindheit (54%), materielle Armut speziell in der frühen Kindheit (20%), materielle Armut während der Kindheit und Jugend (13%), relativ starke Exposition gegenüber somatischen Erkrankungen oder Todesfällen in der Familie (9%) und ein relativ hohes Maß an Widrigkeiten in allen drei Dimensionen (3%).

Die Studienpopulation umfasste 1.277.429 Personen. Davon entwickelten 2560 Frauen und 2300 Männer während der Nachbeobachtung (durchschnittlich 10,8 Jahre) einen Typ-2-Diabetes. Die Studienautoren stellten fest, dass das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes im frühen Erwachsenenalter im Vergleich zur Gruppe mit einem geringen Maß an Widrigkeiten in allen anderen Gruppen sowohl für Männer als auch für Frauen höher war. In der Gruppe mit Personen, die in der Kindheit in hohem Maße ungünstigen Lebensumständen ausgesetzt gewesen waren (in allen 3 Dimensionen) war das Typ-2-Diabetes-Risiko bei Männern um 141 Prozent und bei Frauen um 58 Prozent höher. Dies entsprach 36,2 bzw. 18,6 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Personenjahren für Männern bzw. Frauen.

Nach Adjustierung der Daten um das Bildungsniveau der Eltern, Größe des Kindes in Relation zum Gestationsalter bei Geburt und Frühgeburt kam es zu einer Reduktion der Effektschätzer, insbesondere für Frauen in der Gruppe mit einem hohen Ausmaß an ungünstigen Lebensumständen in der Kindheit. Im Vergleich zu ihren Altersgenossen, die in der Kindheit nur wenig mit Widrigkeiten zu kämpfen hatten, wurde ihr zusätzliches Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, von 58 Prozent auf 23 Prozent reduziert, was 6,4 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Personenjahren statt 18,6 pro 100.000 Personenjahren entspricht. Die Verringerung des geschätzten Risikos war laut den Autoren größtenteils auf die Adjustierung bezüglich des Bildungsniveaus der Eltern zurückzuführen.

Die Analyse ergab außerdem, dass die relativen Risiken für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes gemessen am Ausmaß ungünstiger Lebensumstände in der Kindheit für Frauen in allen Gruppen geringer ausfiel als für Männer. Darüber hinaus erwiesen sich die absoluten Effekte (bezogen auf die Anzahl zusätzlicher Diabetesfälle pro 100.000 Personenjahre) bei Frauen ebenfalls als geringer als bei Männern. Eine Ausnahme bildete lediglich die Erfahrung materieller Armut in der Kindheit. Hier war der absolute Effekt bei Männern und Frauen vergleichbar.

Die Studie zeigt laut den Forschenden, dass Personen, die in der Kindheit Armut, Krankheit oder Todesfällen in der Familie und einer dysfunktionalen Lebensumgebung ausgesetzt sind, mit höherer Wahrscheinlichkeit im jungen Erwachsenenalter an Typ-2-Diabetes erkranken als diejenigen, die in der Kindheit nur geringem Maße ungünstigen Lebensumständen ausgesetzt sind. Die Wissenschaftler bilanzieren, dass ein Teil der Fälle von Typ-2-Diabetes, die schon im jungen Erwachsenenalter auftreten, wahrscheinlich durch frühzeitige Interventionen verhindert werden könnte.

Elsenburg LK et al. Childhood adversity and risk of type 2 diabetes in early adulthood: results from a population-wide cohort study of 1.2 million individuals. Diabetologia 20.04.2023; doi: 10.1007/s00125-023-05911-w

Diabetologia, 20.04.2023

Medizinische Geräte und Verbandsmaterialien findest du hier zum Vorzugspreis.
#Anzeige

Source link